Was ist plastisch-therapeutisches Gestalten?
Formen haben eine Körperlichkeit, bestehen aus Materie und sind so im dreidimensionalen Raum greifbar und gegenwärtig. Beim Ton entsteht die Form in vielen Schritten. Aus kleinen Teilen wächst sie aus der Hand des Schaffenden, ist im Aufbau und Abbau wandelbar. Bei Holz oder Stein findet der Patient bereits geformtes Ausgangsmaterial vor. Im Erspüren des Charakters und der Beschaffenheiten – vom weichen Lindenholz oder Speckstein bis hin zum harten Erlenholz oder Granit – entsteht die Form in einem oft tagelangen Prozess. Beständigkeit, Ausdauer und ein hohes Maß an Verinnerlichung können erlebt werden.
Wie wirkt plastisch-therapeutisches Gestalten?
Um in der Therapie eine gezielte Wirkung zu erreichen, wird die Auswahl der Materialien auf den Menschen abgestimmt. Weiche Substanzen wie Sand, Bienenwachs oder Tonerde begünstigen Prozesse zur Lockerung von Verhärtungen, regen Spontanität und Wandlungsfähigkeit an. Dagegen eignen sich feste Stoffe wie Holz, Stein oder Gussformen aus Beton dazu, über die erfahrbaren Widerstände bei der Bearbeitung Festigkeiten und Grenzen zu erleben.
Verlangt der Patient nach gezielten Wirkungen, so können diese in zahlreichen Übungen angestrebt werden, z.B. das Verdichten von Tonerde zu einer Kugel zur Zentrierung, das Plastizieren einer vertikal ausgerichteten Form zur inneren Aufrichtung oder der schrittweise Aufbau einer Form als Scheibe zur Vermittlung von Körpergefühl.
Am Anfang der Therapie steht oftmals auch eine freie Form. Diese ist vielfach Ausdruck der gegenwärtigen Befindlichkeit oder eines Themas. Verzweiflung oder Erschöpfung kann ebenso wie Aggression oder Chaos aus der Form sprechen. Eine reflektierende Besprechung dieser Form gibt häufig den Anstoß, sie zu verändern oder ihr weitere anzuschließen. So entstand in einer Formenreihe einer Patientin aus der trauernden Gestalt in zwei Schritten der Weg zur anfänglichen Überwindung. Ein Patient vollzog durch Wiederholung und Wandlung seiner Ausgangsform die Verwandlung von Statik/Blockade zu Beweglichkeit/Durchbruch (siehe Abbildungen).